Sven Reutter: Der beste Sport der Welt

Sven Reutter, Präsident der Deutschen Inlinehockey Liga. Foto: Privat

Sven Reutter gründete im Frühjahr 2020 eine eigene Liga. Das ist nun fünf Jahre her. Im Interview spricht der Präsident über die enorme Entwicklung der Deutschen Inlinehockey Liga, damit einhergehende Verpflichtungen und vergisst dabei auch nicht zu erwähnen, wie wichtig der Einsatz der zahlreichen Ehrenamtler für die Sportart Inlinehockey in Deutschland ist. Zudem hat er eine Botschaft für die Community.

Fünf Jahre DIHL – ein echter Meilenstein. Hast du Anfang 2020 damit gerechnet, dass sich die neu gegründete Liga so rasant entwickeln würde? 

Sven Reutter: Nein, auf keinen Fall. Als Tobi (Anm. d. Red.: Tobi Grebestein) und ich angefangen haben, war unser Ziel, überhaupt einen Spielbetrieb für die Saison 2020 auf die Beine zu stellen. Wir hatten uns aufgrund des Turniermodus vom DRIV zurückgezogen, Baunatal und Kaufungen ebenso. Tobi war mit Viktor Brumm dabei, eine Liga für Hessen zu organisieren und so war unser Hauptziel, dass wir alle 2020 eine solide Saison spielen können.

Was motiviert dich persönlich, dich für den Inlinehockeysport und die DIHL zu engagieren?

Inlinehockey ist für mich der beste Sport der Welt. Ich habe ihm viel zu verdanken – ich konnte viele Länder bereisen, an großen Turnieren teilnehmen, war bei Weltmeisterschaften und Europapokalen dabei und habe weltweit Freundschaften geschlossen. Ich wollte einfach nicht, dass dieser Sport in Deutschland ausstirbt – und genau danach sah es Ende 2019/Anfang 2020 aus.

Als Ehrenamtler investierst du viel Freizeit in deine sportliche Berufung. Wie sieht dein Alltag als DIHL-Präsident aus?

Das ist sehr unterschiedlich. Es gibt ruhige Tage, an denen wenig zu tun ist, und dann wieder welche, an denen ich über 300 WhatsApp-Nachrichten bekomme (Rekord: 303!). Meistens geht es um organisatorische Themen wie Spielpläne oder Fragen zum Regelwerk. In letzter Zeit kann ich mich dank der Ligenleiter aber stärker auf die Weiterentwicklung des Verbandes konzentrieren.

Über 300 WhatsApp-Nachrichten in der Spitze? Das ist ja kaum zu glauben. Hast du da nicht manchmal das Bedürfnis, dein Handy auszuschalten? 

Klar, dadurch, dass wir alles über eine WhatsApp-Community regeln, bin ich zwangsläufig in allen Gruppen vertreten und bekomme daher auch alles mit. Natürlich stelle ich Gruppen auch mal auf stumm, in der Regel lese ich aber alle Nachrichten, damit ich immer auf dem aktuellen Stand bin. Handy aus gibt es bei mir nicht, ganz zum Leidwesen meiner Frau (lacht).

Zig Millionen Menschen engagieren sich in Deutschland freiwillig und in der Regel kostenlos im Ehrenamt. Inwiefern steht auch die DIHL auf den Schultern der vielen Helfer und Helferinnen? 

Ohne ehrenamtliche Helfer können wir absolut gar nichts machen. All jene, die in der Organisation involviert sind machen das in ihrer Freizeit und unentgeltlich. Das kann man den Leuten gar nicht hoch genug anrechnen. Aber auch allen in den Vereinen engagierten Menschen gehört mein größter Respekt. Danke für euren Einsatz.

Nachwuchsarbeit ist der größte Erfolg

Welche Erfolge in deiner Amtszeit siehst du als besonders bedeutend an? Welche Rückschläge gab es und welche Lehren hast du daraus gezogen?

Unser größter Erfolg ist die Nachwuchsarbeit – wir haben mittlerweile U12-, U15- und U18-Teams. Zwar ist die Anzahl der Teams im Vergleich zu anderen Sportarten noch gering, aber wenn man von null startet zählt jedes neue Team doppelt. Rückschläge erleben wir immer dann, wenn Teams sich abmelden. Dann hinterfragt man sich: Was hätten wir besser machen können? Was waren die Gründe? Diese Erfahrungen helfen dabei, uns stetig zu verbessern.

Wie ist die aktuelle Situation in der Nachwuchsarbeit im Inlinehockey? Welche Maßnahmen werden zur Förderung junger Talente ergriffen?

Im Vergleich zu vor fünf Jahren sind wir gut aufgestellt – aber im Vergleich zu anderen Sportarten sind wir noch zu klein. Es passiert jedoch viel: Spieler, die mit mir angefangen haben oder gegen die ich gespielt habe, sind mittlerweile Eltern geworden und bringen ihre Kinder ins Inlinehockey-Training. So entstehen Nachwuchsteams in Vereinen, die vorher nie welche hatten. Verbandsseitig haben wir U12-, U14-, U16- und U18-Auswahlteams mit engagierten Trainern und Betreuern, die viel zusätzliche Spielzeit für die Kinder und Jugendlichen organisieren. Weil es in diesen Altersklassen international kaum echte Gegner gibt, fahren wir auf Turniere oder organisieren Freundschaftsspiele. Insgesamt sind wir auf einem guten Weg.

Wie bewertest du die aktuelle Inlinehockey-Infrastruktur in Deutschland?


Es geht langsam, aber stetig voran. Als ich angefangen habe, gab es nur eine Handvoll Eishallen, in denen gespielt werden konnte – und das meist nur für kurze Zeit. Der Rest waren Außenplätze mit Betonböden. Heute haben alle Bundesliga- und Oberliga-Bayern-Teams eine Indoor-Spielstätte mit speziellem Inlinehockey-Boden. Auch in anderen Bundesländern kommen immer mehr Hallen und Spielflächen hinzu.

Welche Alleinstellungsmerkmale hat Inlinehockey im Vergleich zu anderen Sportarten wie beispielsweise Fußball? Welche Maßnahmen gibt es, um den Sport bekannter zu machen?


Inlinehockey ist technisch anspruchsvoll – im Gegensatz zu Fußball, wo fast jeder mit dem Ball umgehen kann, muss man hier skaten und mit dem Schläger spielen. Das macht den Sport herausfordernder und reizvoller. Außerdem gibt es bei uns weniger Unterbrechungen als im Eishockey, weil es kein Abseits und kein Icing gibt. Zudem fallen fast immer viele Tore – ein 0:0 gibt es nicht.

Um den Sport bekannter zu machen, streamen wir Spiele der 1. Liga live und sind in den sozialen Medien aktiv, neuerdings auch auf TikTok. Zudem veranstalten wir Jugendcamps und Turniere, um neue Spieler und Zuschauer zu gewinnen.

Wie beurteilst du die internationale Entwicklung des deutschen Inlinehockeys?

In den letzten Jahren wurde stark auf Eishockeyprofis gesetzt, um bei Welt- und Europameisterschaften besser abzuschneiden. Das hat aber nicht den erhofften Erfolg gebracht. Unser größtes Problem ist der bisherige Turniermodus, durch den Teams zu wenig Spielpraxis hatten. In Frankreich oder Spanien gibt es Ligen mit 10 bis 12 Teams, die über eine ganze Saison hinweg regulär spielen. Wir brauchen längere und häufigere Spielzeiten – und wir müssen wieder mehr auf spezialisierte Inlinehockeyspieler setzen.

Welche Neuerungen sind geplant, um die DIHL noch attraktiver zu machen?

Wir haben den Turniermodus in allen Ligen (außer U12) durch Einzelspieltage ersetzt. Das bedeutet für viele Teams, dass sie anstatt vier nun acht Spiele pro Saison bestreiten. Je mehr wir spielen, desto besser werden die Spieler. Unser Ziel ist es, mittelfristig in allen Ligen Playoffs einzuführen, damit die Saison sich über sechs Monate erstreckt – wie in anderen Sportarten auch. Zudem planen wir einen Deutschlandpokal für 2026, an dem auch Teams teilnehmen können, die noch nicht in unserer Liga spielen.

Damen gehen an den Start

Wie wird die Integration von Mädchen und Frauen im Inlinehockey gefördert?

Vor zwei Jahren haben wir eine Damenauswahl gegründet, die in der U18-Liga mitgespielt und sogar ein Länderspiel in der Schweiz bestritten hat. Für diese Saison ist eine eigene Damenliga geplant. Wir arbeiten kontinuierlich daran, das Projekt auszubauen.

Warum ist die Ausbildung von Trainern, Schiedsrichtern und Zeitnehmern so wichtig für die Professionalisierung des Sports?

Nur durch gut ausgebildete Trainer steigt das spielerische Niveau der Teams – und damit auch das der Liga. Auch Schiedsrichter und Zeitnehmer profitieren von kontinuierlicher Weiterbildung. Jede Ausbildung bringt neue Impulse und sorgt für eine qualitative Weiterentwicklung des gesamten Sports.

Wie hat sich Inlinehockey in den letzten drei Jahrzehnten entwickelt? Welche Herausforderungen bringt das mit sich?


Die größte Veränderung ist die deutlich verbesserte Infrastruktur. Früher wurde fast nur auf Außenplätzen gespielt – heute haben wir viele Hallen mit professionellen Inlinehockey-Böden. Zudem melden sich mittlerweile auch Eishockeyteams für unsere Ligen an, was früher undenkbar war. Das Wachstum bringt aber auch Herausforderungen mit sich: Mehr Teams bedeuten mehr Spiele, mehr Schiedsrichter und mehr Zeitnehmer. Hier müssen wir weiter aufbauen, um mit der Entwicklung Schritt zu halten.

Wie sieht deine Vision für die Zukunft des Inlinehockeys in Deutschland aus?


Mein Traum wäre eine eigene Liga in jedem Bundesland und eine Bundesliga mit zwölf Teams, darunter ein starker Unterbau mit U10- bis U21-Teams. Dafür müssen wir aber noch viel Arbeit investieren. Es gibt Bundesländer, in denen es weder Inlinehockey- noch Skaterhockey-Teams gibt – diese Regionen müssen wir nach und nach erschließen.

Hast du eine Botschaft an die Inlinehockey-Community?


Ein riesiges Dankeschön an alle Helfer, Trainer, Betreuer und Eltern! Ohne euch wäre dieses Projekt undenkbar. Wir sehen, was ihr leistet – und genau deshalb geben wir jeden Tag unser Bestes, um die Liga weiterzuentwickeln.

Lieber Sven, vielen Dank für das Interview.


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